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JOHANNES SCHMOELLING – WUIVEND RIET

Der studierte Tonmeister und Organist war Mitglied der Gruppe Tangerine Dream, bevor er 1986 sein erstes Soloalbum “Wuivend Riet” auf dem Erdenklang Label veröffentlichte. Dieses Album zählt bis heute zu den best verkauftesten Schallplatten des Erdenklang Labels. Zwei weitere Alben erschienen dann beim Polygram Konzern: “The Zoo Of Tranquility” (1988) und “White Out” (1990). Schmoelling arbeitet an Hörspiel- und Theatermusiken sowie in seinem “Riet-Studio” in Berlin.

 

Tracks – Wuivend Riet


Nr. Titel Interpret Länge
1 Matjora Is Still Alive Schmoelling, Johannes 5:01 min.
2 Zeit (For Stephan) Schmoelling, Johannes 6:38 min.
3 Kneeplay No. 9 Schmoelling, Johannes 3:59 min.
4 Walking On Wooden Legs Schmoelling, Johannes 3:57 min.
5 Wuivend Riet Part I Schmoelling, Johannes 6:20 min.
6 Wuivend Riet Part II Schmoelling, Johannes 12:49 min.

 

 

»Über die Musik«

Man mag „Wuivend Riet“, Johannes Schmoellings erstes Solo-Projekt, der elektronischen Musik zurechnen – und insofern dieses Etikett die eingesetzten Mittel benennt, ist dies zutreffend. Darüber hinaus jedoch bleibt eine solche Charakteristik der Eigenart dieser Musik nur äußerlich, verdeckt sie im Grunde mehr als daß sie etwas Schlüssiges über sie aussagt. Tatsächlich ist ein nicht unwesentlicher Impuls dieser Musik, daß sie sich den Konventionen, und das heißt auch: den Bequemlichkeiten der elektronischen Musik streng versagt. Daß Johannes Schmoelling sich dabei selbst der avanciertesten Technik bedient, muß gar kein Widerspruch sein. Vielmehr läßt sich gerade aus diesem inneren Spannungsverhältnis sein musikalisches Credo herleiten.

„Wuivend Riet“, das ist der Versuch, das bloß Elektronische zu überwinden und zu einer anderen, musikalisch inspirierten Auffassung der Elektronik und ihrer Möglichkeiten zu gelangen. Nicht der Maschinenpark beherrscht bei Johannes Schmoelling die Szene, sondern allein die musikalische Erwägung, die Form. Anstelle des Monochromen, Zeitlupenartigen (wie es als »Sphärenklang« gewissermaßen zum Synonym für elektronische Langeweile geworden ist) dominiert ein dynamisches, ja bisweilen gar theatralisches Moment. Der Klangraum gerät in Bewegung, die Klangflächen beginnen sich verschiebbaren Wänden gleich zu bewegen – so daß auch im Klanglichen ein Eindruck entsteht wie angesichts eines Bühnenbildes, das sich wie von selbst unablässig verändert, ein Raum, der aus dem Immergleichen das Immerneue hervorbringt.

Nicht von ungefähr ist der Titeltrack „Wuivend Riet“ ursprünglich als Theatermusik entstanden – für das Stück „Opus ESP“ von Hans Bosch, das 1985 in Amsterdam uraufgeführt wurde. Im Schlußbild des Stückes waren zu sehen: Menschenleiber, an überdimensionierten, übermenschlichen großen Schilfhalmen hängend. Menschen im Schilf, schwankend. Vor diesem Bühnenprospekt nun erzählt „Wuivend Riet“ von nichts anderem als vom Rhythmus der Zeit, dem Wechsel der Stunde, der Stimmung des Lichts. Wie ein Tag verstreicht. Von der allereinfachsten, allerrätselhaftesten aller Geschichten.

„Wuivend Riet“ – Part I und II – ist eine Programmusik. Und also: programmatisch zu nennen. Weit stärker als in den übrigen, den „eingängigeren“ Stücken dieser Platte sind hier Naturklänge integraler Bestandteil der Komposition. Dabei geht es nicht darum, mittels eines Naturzitats die falsche Illusion von Natur zu erwecken. Nicht dem dekorativen Idyll gilt das Interesse, sondern allein der musikalischen Struktur des Naturklangs, der Frage, wie er sich mit dem elektronisch erzeugten Klangbild verbinden und zum Formelement werden kann.
Die Antwort ist der Versuch, das, was in der Wirklichkeit sich fremd und unversöhnlich gegenübersteht, zu verbinden: als zweite Natur, als Musik.

© Martin Burckhardt

 

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